Meinungsfreiheit ist in Deutschland ein grundgesetzlich geschütztes Recht und zählt zu den wichtigsten Werten unserer Gesellschaft. Doch leider nutzen viele Menschen, insbesondere in sozialen Medien, diesen Schutzraum bis an seine Grenzen und darüber hinaus. Natürlich wird in Betrieben häufig über Kollegen oder Vorgesetzte gesprochen – das gehört zur Arbeitswelt dazu. Aber was, wenn dieses Reden deutlich zu weit geht?
Ein jüngster Fall, den das Bundesarbeitsgericht (BAG) verhandeln musste, beleuchtet diese Problematik näher. Grundsätzlich gilt: Jeder hat das Recht, seine Meinung zu äußern. Und diese Meinungsäußerung kann, gemäß Grundgesetz, auch pointiert oder überspitzt sein. Doch es gibt Grenzen: Ist eine Aussage falsch oder stellt sie eine sogenannte „Schmähkritik“ dar, die darauf abzielt, andere gezielt herabzusetzen, muss dies nicht hingenommen werden.
Ein Mitarbeiter eines Touristikunternehmens fand sich inmitten dieses Konflikts, als er sich in einer privaten WhatsApp-Gruppe stark beleidigend über Vorgesetzte und Kollegen äußerte. Die Wortwahl war rassistisch, sexistisch und rief zur Gewalt auf. Diese vermeintlich privaten Äußerungen wurden jedoch öffentlich, und eine fristlose Kündigung folgte. In den folgenden fast zehn Jahren bewegte sich dieser Fall durch verschiedene juristische Instanzen.
Der Kern des Disputs? Der Mitarbeiter argumentierte, er habe in einer privaten Gruppe, bestehend aus Freunden und Verwandten, gesprochen und somit könne er von der gleichen Freiheit und Vertraulichkeit ausgehen, wie sie im familiären Umfeld herrscht. Das BAG sah dies allerdings differenzierter: Wenn Nachrichten in solch einer Gruppe so beleidigend und abwertend sind, müsse klar begründet werden, warum erwartet wurde, dass diese Inhalte nicht nach außen getragen werden. Faktoren wie die Gruppengröße und die Art der Nachrichten spielen hierbei eine entscheidende Rolle.
Das endgültige Urteil steht noch aus: Das Bundesarbeitsgericht hat den Fall zurückverwiesen und fordert nun vom Mitarbeiter eine klare Begründung für sein erwartetes Vertrauensverhältnis innerhalb dieser WhatsApp-Gruppe (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. August 2023, Az.: 2 AZR 17/23).